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Nahrungsergänzungsmittel dürfen nicht mehr gesund sein !?

Dr. Martin Müller • Apr. 04, 2024

Ein neues Urteil macht mich sehr nachdenklich.


Eigentlich habe ich gar keine Zeit für meinen Blog, weil meine Kunden immer mehr Hilfe brauchen, um Schwierigkeiten zu bewältigen, die die Politik, Behörden und Gerichte in schöner Regelmäßigkeit verursachen.


Trotzdem heute mal aus aktuellem Anlass:


Das Oberlandesgericht München hat in einem Urteil vom 21.12.2023 (Az. 29 U 4088/22) entschieden, dass die Aussage "für ein gesundes Immunsystem" unzulässig ist bei der Werbung für ein Nahrungsergänzungsmittel mit den Vitaminen C, D und B6 sowie Zink.


Ich zitiere aus dem Urteil:


"Bei einem Nahrungsergänzungsmittel mit den Vitaminen C, D und B6 sowie Zink sind die verwendeten Begriffe "gesundes Immunsystem" oder "gesunde Immunfunktion" nicht gleichbedeutend und inhaltlich übereinstimmend mit dem Begriff "normales Immunsystem" im Anhang der VO (EU) 432/2012. Nach dem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers deutet das geänderte Adjektiv "gesund" gegenüber "normal" nämlich darauf hin, dass das Nahrungsergänzungsmittel auch dann eine Funktion hat, wenn der Verzehrende nicht gesund ist."


Nahrungsergänzungsmittel richten sich nach dem Urteil aus München zwar gemäß der europäischen Richtlinie 2002/46/EG definitionsgemäß nur an Gesunde, dürfen aber selbst nicht für die Gesundheit gut sein?


Und, weil ein nicht Gesunder vielleicht denken könnte, er würde wieder gesund werden, wenn er seine Nahrung mit Vitaminen, Mineralstoffen, usw. ergänzt, darf man nicht damit werben, dass ein Nahrungsergänzungsmittel gut für die Gesundheit ist?


Echt jetzt?


Nahrungsergänzungsmittel sind per Gesetz eindeutig für Gesunde bestimmt und Gesunde haben gesunde Körperfunktionen. Zu den Körperfunktionen gehört auch das Immunsystem. Und deshalb können doch Nahrungsergänzungsmittel auch für ein gesundes Immunsystem sein, oder?


Bisher dachte ich so. Aber der durchschnittlich vertändige Verbraucher denkt offenbar anders. Und was sich die Richter in München bei diesem Urteil gedacht haben, das weiß ich nicht.


Und was soll ich jetzt denken?


Ich denke, hier läuft etwas grundsätzlich falsch.


Und mir fällt dieses Zitat von Heinz Erhard ein: "Sie dürfen nicht alles glauben was Sie denken!"



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Wieder mal aus gegebenem Anlass ein paar Gedanken zur Verkehrsfähigkeit: Bei Rot und Grün ist an der Verkehrsampel die Sache klar und eindeutig. Interessant wird es bei Gelb. Kann man dann noch über die Kreuzung fahren oder lieber nicht? Und, etwas schneller fahren als erlaubt macht eigentlich auch mehr Spass, aber natürlich nicht mit 100 km/h durch die Ortschaft und am Kindergarten vorbei. Bei der Inverkehrbringung von Produkten ist es auch so. Wirklich spannend ist es nur im gelben Bereich und wenn man grundsätzlich "etwas schneller" unterwegs ist. Wollen Sie auch bei Gelb mit einer ordentlichen Geschwindigkeit über die Kreuzung fahren? Dann sollten Sie wissen, was man als Inverkehrbringer von Lebensmitteln so tun kann, ohne gleich ein "Fahrverbot" zu riskieren. Es gibt für Lebensmittelunternehmen mögliche Bewertungsspielräume. Aber, wie hoch ist das Risiko? Sie sollten sich beraten lassen, von jemanden, der die Wegstrecke kennt und die Verkehrslage einschätzen kann.
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