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Botanicals: Pflanzenextrakte

Dr. Martin Müller • Jan. 15, 2023

Pflanzenstoffe richtig erkennen, verwenden und deklarieren


Ich erhalte seit zwei bis drei Monaten mehr Aufträge zum Thema "Pflanzenstoffe beanstandungsfrei verwenden". Offenbar werden hier die Behörden mit Kontrollen und Beanstandungen immer aktiver. Sie sollten sich auch damit beschäftigen, besonders dann, wenn in den eigenen Produkten auch Botanicals enthalten sind oder deren Einsatz geplant ist.


Zunächst einmal kommt es auf die genaue Verarbeitung der Pflanze an, die in einem Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel (NEM) eingesetzt wird. Handelt es sich um ein Pulver oder um einen Extrakt und welcher Pflanzenteil wird überhaupt verwendet?


Wenn ein Extrakt verwendet wird, dann sollte man dessen wesentliche Eigenschaften im Vergleich zum Ausgangsmaterial prüfen und bewerten. Und es wäre zu klären, ob eine sog. selektive Extraktion vorliegt. Und weiter: Sind das verwendete Auszugsmittel, das Pflanze-Extrakt-Verhältnis und ein ggf. enthaltener Trägerstoff bekannt? Handelt es sich um einen Extrakt, der in einer Arzneistoff-Monographie beschrieben ist oder kann er einem solchen gleichgesetzt werden? Und natürlich ganz wichtig: Welche Mengen an Pulver oder Extrakt werden im Produkt überhaupt verwendet? Erreicht man damit eine für ein NEM unzulässige therapeutisch wirksame Dosierung? Besteht eine Abgrenzungsproblematik zu einem Arzneimittel?


Es gibt viele also gute Gründe, sich die Botanicals in Produkten genauer anzusehen.


Leider lassen die Rohstoffdokumente von Pflanzenstoffen oft Fragen offen, besonders dann, wenn das Material aus Fernost stammt. Vielen Herstellern sind die Informationslücken oft gar nicht klar. Und dann kann es schwierig werden, nicht nur mit der grundsätzlichen Entscheidung, ob der Rohstoff eingesetzt werden kann oder nicht, sondern auch mit der Deklaration des Extraktes auf dem Etikett. Denn, eine einfache Angabe im Zutatenverzeichnis, wie z.B. "Ginkgoextrakt", reicht den Behörden bei einem NEM mittlerweile nicht mehr aus. Und, ich denke, das ist nachvollziehbar, denn ich würde als Verbraucher auch wissen wollen, welche Qualität in den Produkten steckt und ob, bei einem Vergleich, ein günstigeres Ginkgo-Präparat auch noch ausreichend wirksam ist. Man kann das nur bewerten, wenn man sich die Sache genau ansieht und im Zweifel sollte man unzureichend deklarierte Produkte und Rohstoffe nicht verwenden.


Deshalb: Genau hinsehen, als Hersteller, Inverkehrbringer oder Anwender - denn die Tücke* steckt im Detail !



*) .. eine nicht auf den ersten Blick erkennbare, verborgene und feindselige Absicht, die sich erst bei genauer Betrachtung offenbart.


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Wieder mal aus gegebenem Anlass ein paar Gedanken zur Verkehrsfähigkeit: Bei Rot und Grün ist an der Verkehrsampel die Sache klar und eindeutig. Interessant wird es bei Gelb. Kann man dann noch über die Kreuzung fahren oder lieber nicht? Und, etwas schneller fahren als erlaubt macht eigentlich auch mehr Spass, aber natürlich nicht mit 100 km/h durch die Ortschaft und am Kindergarten vorbei. Bei der Inverkehrbringung von Produkten ist es auch so. Wirklich spannend ist es nur im gelben Bereich und wenn man grundsätzlich "etwas schneller" unterwegs ist. Wollen Sie auch bei Gelb mit einer ordentlichen Geschwindigkeit über die Kreuzung fahren? Dann sollten Sie wissen, was man als Inverkehrbringer von Lebensmitteln so tun kann, ohne gleich ein "Fahrverbot" zu riskieren. Es gibt für Lebensmittelunternehmen mögliche Bewertungsspielräume. Aber, wie hoch ist das Risiko? Sie sollten sich beraten lassen, von jemanden, der die Wegstrecke kennt und die Verkehrslage einschätzen kann.
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